Heinz-Magazin
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Die Verkrüppelung der
Kunst
Thomas Bernhards "Die Berühmten" im Bochumer Schauspielhaus
Von Tina Dürhager
Zum 200. Mal hat der Bassist den Ochs im Rosenkavalier gegeben. Das bietet Anlaß zu einer Feier gerade rechtzeitig, zur Festspielzeit in seinem Schloß,. das nicht ganz zufällig oberhalb von Salzburg liegt. Man unterhält sich, so wie es sich für berühmte Künstler gehört, weniger über die Kunst als über die Künstler. Man plaudert aus dem Nähkästchen, denn schließlich kennt man sich aus in der Szene. Der Gastgeber (Rainer Hauer) bestimmt die Situation, wobei er sich immer wieder der Aufmerksamkeit seiner Gäste versichert. Man hält sich für die Größten und hat doch eigentlich nichts zu meiden. Am deutlichsten zeigt der novaliszitierende Verleger (Manfred Böll) diesen Zustand der eigenen geistigen Mittelmäßigkeit auf: "Nur ein Künstler kann den Sinn des Lebens erraten." "Novalis nehme ich an." "Natürlich Novalis, wer sonst."
In dieses
Geplänkel um Kunst und Geist, amüsant ist die lang ausgeführte These über
die Verkrüppelung des Genies, bricht am Ende der Bankettszene, kurz vor der
Pause Martina Krauel als Sopranistin und Lebensgefährtin des Barons: Betrunken
und gereizt inszeniert sie den Tod der Vorbilder, die im zweiten Teil als Bilder
die Wände zieren werden.
Thomas
Bernhards "Die Berühmten - ist eine Salve aus Haß und Verachtung in
Richtung Kunst Politik und Gesellschaft. Mit absurden Dialogen und durch die
fast karikierende Zeichnung der Figuren verdeutlicht er die Borniertheit,
Dekadenz und Belanglosigkeit der traditionellen Kunstszene: Man klagt und
jammert über den Zustand der Kunst. die sich immer mehr am schnöden Mammon
orientiert. Daß die Kläger dabei selber Teil des von ihnen kritisierten
Apparates sind. verstärkt Bernhards Kritik. Spätestens in der Pause wird klar,
daß die Dialoge auf der Bühne nur die kommunikative Realität eines
intellektuellen Theaterpublikums widerspiegeln. Zufall? In einer mathematisch
vollkommen ausgeklügelten Welt, die dazu auch noch durch und durch die Natur
ist. kann es keinen einzigen Zufall geben," so die Meinung des Regisseurs.